Mittwoch, 23. Januar 2013

Nungwi

Nach gut vier Wochen in Nungwi fuehl ich mich hier bei Ahmed richtig zuhause, aber der Aufenthalt neigt sich dem Ende zu. Ich habe also die Gelegenheit wahrgenommen und bin einen ganzen Tag mit der Kamera rumgelaufen und hab fotografiert. Heute frueh habe ich die Kinder verabschiedet und bekam sogar eine richtig suesse Zeichnung als Erinnerung. Die werden mir schrecklich fehlen, aber ich nehme sie gerne mit auf mein naechstes Abenteuer.
Auf zum Haendewaschen

Samir, 5 Jahre
Omari, 2.5 Jahre
Sami, 3 Jahre

Sanura, 5 Jahre

Hajra, 3 Jahre



Mimi na Mwana
Die letzte Woche hier auf Zanzibar war richtig schoen. Ich habe viele Tage mit Manuela, Ahmed´s Partnerin, verbracht. Sie wohnt in Stonetown, ist aber die halbe Woche jeweils in Nungwi. Wir haben zusammen einen Ausflug nach Matemwe zum heiss geliebten Utupoa unternommen und wie es der Zufall so wollte, trafen wir dort die Leute vom Sober House an. Wie ich berichtet habe, besteht ein Konnex zwischen der Familie in Matemwe und dem Sober House (via Suleman) und lustigerweise auch zwischen Manuela und Suleman. Es war das Wochenende des Wiedersehens; es  fuehlte sich an wie eine grosse Familie, wie das Schliessen eines Kreises.

Sober House meets Utupoa
Wir haben auch klein Helga das erste Mal an die Ostkueste mitgenommen, sie rannte den weissen Strand auf und ab, waehrend wir gemuetlich den Sand wie Butter unseren Fuessen zergehen liessen. Helga werde ich auch vermissen. Es ist ja kaum zu glauben, aber ich moechte mir irgendwann auch einen Hund zutun. Die Begleitung und das gegenseitige Heranwachsen ist einfach ein tolles Gefuehl, ein richtiger Freund an deiner Seite.
Helga na mimi.
Morgen also werde ich das traute Heim in Richtung Stonetown verlassen. Wer weiss, ob es das Haus noch gibt, sollte ich ein zweites Mal hierher kommen. Ahmed denkt ueber den Verkauf nach, um mit Manuela an die Ostkueste zu ziehen. Mit dem Spirit der beiden und deren Schaffenskraft wird der neue Ort aber sicherlich genauso schoen wie das hier.
Manuela und Ahmed
Zum Haus gehoeren natuerlich Nasir und Sale (von links), ein Freund war auch noch da (rechts).
Hier geniessen wir schoene Stunden unter dem Sternenhimmel nach feinem Fisch...
Kleines Paradies
Ich habe Fisch hier noch lieber gewonnen als zuvor, man isst den hier in allen Varianten, bevorzugterweise jedoch fritiert mit Reis. Da ich bei einem ehemaligen Fischermann wohne, genoss ich meinen Fisch jeweils in Begleitung von Ahmed, Sale und Nasir, die genuesslich die Fischkoepfe aussaugten. Ein ehemaliger Arbeitskollege von Ahmed hat dabei eine kleine Geschichte erzaehlt: Die Insel Tumbatu, westlich von Umoja, ist ein sehr traditionsreicher, stark (noch staerker) muslimische gepraegter Ort. Zutritt ist nur mittels spezieller Genehmigung der Regierung erlaubt, es sei denn, Du hast Verwandte da. Tumbatu ist reich an Fischmaerkten und wie der Arbeitskollege dort war, beobachtete er, dass alle Haendler die Fischkoepfe wegwerfen. Er witterte eine unersaettliche Nahrungsquelle und heuerte in heller Begeisterung Ahmed dazu an, seinen Job an den Nagel zu haengen, da man auf Tumbatu die Fischkoepfe umsonst und ohne Aufwand kriegt.
Ich mag zwar gerne Fisch essen, doch noch lieber beaobachte ich sie unter Woche. Ja, ich habe hier erfolgreich den PADI Open Water gemacht und bin richtig stolz, dass ich als zertifizierte Taucherin von dannen gehen kann. Viele haben mir vom Tauchen vorgeschwaermt und die daraus entstandenen Bilder haben sich allesamt verwirklicht. Nachdem ich mich an das Atmen unter Wasser gewoehnt habe, war ich voller Tatendrang diese neue Welt zu erkunden. Heute darf ich auf sieben tolle Tauchgaenge auf Zanzibar begleitet von froehlichster Stimmung auf dem Boot zurueck blicken. Ich habe das Tauchen schaetzen gelernt, das es Teamgeist und Individualismus auf so natuerliche Art und Weise verbindet.
Second Dive, Nungwi Reef

Memba Atoll

Green Turtle
Das hier ist damit mein letzter Beitrag aus dem tropischen Paradies, bevor ich am Sonntag nach Aethiopien fliege und ein neues, geschichtstraechtiges Land bereisen darf.

Donnerstag, 17. Januar 2013

Stonetown

Wie ich meinen Fuss auf staedtischen Boden setzte, fuehlte ich mich in einer anderen Welt. Die indischen und arabischen Einfluesse sind hier allgegenwaertig; die Architektur, die Gewuerze an allen Ecken und Enden, die zahlreichen Moscheen und die aus Indien stammenden „TukTuk“ (dreiraedrige Fahrzeuge) sind nur einige Beispiele, die diese Wahrnehmung bestaerken.

Gewuerzstand in Malindi

Geschwungene Boegen, die arabisches Flair vermitteln
Kirche und Moschee sind beide vertreten
Bevor ich mich aber daran machte, die verwinkelten, engen Gassen zu erkunden, habe ich dem Sober House leicht ausserhalt der Stadt einen Besuch abgestattet. Ich habe in Matemwe Suleman kennengelernt, welcher ueber viele Jahre Heroinabhaengig war und nach erfolgreichem Entzug das Sober House gegruendet hat. Die Entzugsklinik zieht Suechtige aus allen umliegenden Laendern an und darf auf erfolgreiche erste Jahre zurueckblicken.


Leider ist Heroin sehr verbreitet auf Zanzibar. Der Drogenhandel wird durch den Hafen und damit den einkehrenden Schiffen aus Pakistan und umliegenden Laendern angekurbelt. Mangelnde Aufklaerung unter den Inselbewohnern und eine korrupte Regierung fuehren dazu, dass viele Kinder und Jugendliche unwissend mit der Droge in Kontakt kommen. „Gutmuetige“ Touristen, welche den Strassenkindern Geld geben, unterstuetzen deren Abhaengigkeit. Leider bestehen heute wenige Mittel oder Institutionen, die diesem Problem wirkungsvoll entgegentreten. 
 
Die Bewohner des Sober House machen das herkoemmliche 12 Punkte Programm durch und werden im Unterschied zu westlichen Entzugskliniken danach nicht sofort in die „Freiheit“ entlassen, sondern bleiben der Organisation als Volontaere treu. Sie unterstuetzen andere Suechtige auf ihrem Weg zu einem Leben ohne Drogen. Das Motto lautet, denke nicht nur, sondern mache, lass deinen Mann aus dir heraus:


Wie mir die Betroffenen erzaehlen, empfinden sie diese Unterstuetzung als wichtige Aufgabe im Prozess zu ihrer Unabhaengigkeit. Der Zufall wollte es, dass ich hier wieder auf Phoebee traf, welche vor wenigen Tagen ein Projekt mit den Bewohnern des Sober House gestartet hat. Da viele sehr talentierte Kuenstler sind, haben sie die neue Aufgabe, ihren Weg als Comic auf Papier zu bringen, welchen sie als Praeventionsinstrument herausgeben und an Schulen verteilen wollen. Ich war erstaunt, welche Kunstwerke dabei entstanden und bewunderte die Hingebung, mit der sie arbeiteten.

Omar bringt seine Geschichte zu Papier



Kaca's Bild


Jacob ist gut im Sticken

Pino, eine Betroffener in der Erholungsphase, hat sich meiner angenommen und fuerte mich nach meinem Besuch durch die Strassen von Stonetown. Wir schlossen den Tag bei Spicetea an der Forodhani-Promenade und ich wurde Zeuge von seiner bewegenden Lebensgeschichte, die ihn von Dar es Salaam, nach Indien, ueber Pakistan und Tuerkey bis ins Sober House auf Zanzibar brachte.

Die Jungs geniessen das abendliche Baden und Springen

Abendstimmung Stonetown
Die beiden folgenden Tage verbrachte in typischer staedtetrip-Manier; wir assen und tranken wie Koenige, besuchten das Museum, gingen richtig toll tanzen und genossen ein Konzert der hier bekannten Taraab Musik (Indische Rhythmen, Arabische Floeten und kiswahlilischen Gesang). Besonders beeindruckt waren wir von den schweren Holztueren an beinahe jedem Haus, welche aus der Arabischen Vorherrschaft stammen und Sinnbild fuer Wohlstand waren.








Gestern presste ich mich mit all diesen schoenen Erlebnissen in ein Dalladalla nach Nungwi und freute mich wieder auf frischen Wind, Spaziergaenge am Strand und vor allen Dingen die Kinder im Kindergarten.

Umoja die Gewuerzinsel und Heimat ungewohnter Fruechte

Das vergangene Wochenende habe ich die kleine Reise vom Norden, ueber die Gewuerzfarm Kizimbani nach Stonetown gemacht. Eingefuehrt wurden wir mit der Kost der hiesigen Stinkfrucht „Doriani“, welche einen knoblauchaehnlichen Geruch hat und dadurch ihren ganz eigenen Charme vermittelt. Msungus moegen die Frucht gewoehnlicherweise nicht, Ahmed liebt sie aber heiss und war erst einmal fuer ein paar Minuten hin und weg.

Doriani
Ahmed nach dem Versehr einer Doriani
In der Farm drin war ich ueberwaeltigt von der Vielfalt der Gewuerze. Ich hatte keine Ahnung, dass Zimt die Rinde des Zimtbaumes ist, dessen Blaetter als Tee verwertet werden und dessen Wurzeln dem Erkaeltungsmittel Wick dessen eigentuemlichen Geruch vermittelt. Der Baum wird wegen seiner vielseitigen Verwendbarkeit „Queen of Trees“ genannt. 

Saskia mag Wick
Der „King of Trees“ dagegen ist der Nelkenbaum, welcher in den Jahren unter dem Sultanat die Insel zu einer der Hauptplayern auf dem weltweiten Gewuerzmarkt machte. Mit der Oeffnung des Suezkanals 1869 hat Zanzibar ihre Vormachtstellung jedoch eingebuesst, da sie damit von der HandelsstreckeAsien - Europa abgeschnitten wurde. Leider hat sich die Insel seither wirtschaftlich nicht mehr zur selben Groesse gebracht und lebt heute ausschliesslich vom Tourismus.

Naegeli, werden gerne in Joints gemischt, um den Geruch zu uebertreffen.
Neben Zimt und Nelken wurden wir in die hiesigen Geheimnisse der Muskatnuss eingeweiht. Da Islamglaeubige keinen Alkohol trinken duerfen, wird den Frauen, insbsondere am Tag vor der Hochzeitsnacht, Muskatnuss verabreicht; die betoerende Wirkung soll dem Mann eine unvergessliche Nacht bescheren.

Frische Muskatnuss
Unsere Geruchssinne wurden weiter mit Zitronengras, Kakaopflanze, Vanille und vielem mehr verwoehnt. Nur der anhaltende, nunmehr penetrante Geruch der Doriani hat uns letzlich in Richtung Stonetown getrieben. Davor wurden uns allen die Haende gewaschen, wobei die Doriani sich sehr nuetzlich erwies, denn ihre Zacken auf der Haut koennen den Wasserstrahl aus der Flasche teilen und macht das Haendewaschen zum Duscherlebnis.


Frische Kakaobohnen
Haendewaschen mit Doriani


Donnerstag, 10. Januar 2013

Matemwe und das Klischee

Schon komisch, wie rasch die Zeit vergeht und man dennoch das Gefuehl hat, schon so lange hier zu sein. Was haben mir die ersten Tage im 2013 gebracht?
In den ersten Tagen habe ich den Ort, Nungwi, die Leute und das Leben hier einfach auf mich wirken lassen. Es ist leicht, mit Menschen direkt am Strand in Kontakt zu kommen, die Beach Boys sind hier ueberall vertreten und erfreuen sich an den Msungus. Aber das ist weniger mein Ding, mich interessiert das Innenleben im Dorf. Einen ersten Rundgang gab mir ein seltsames Gefuehl, man schaute mich kritisch von oben bis unten an, die verhuellten Frauen waren misstrauisch. Das Dorf war waehrend meines Morgenspazierganges von den repetitive Gebeten der Koranschueler erfuellt und ich aeugte etwas hinein. Meine Neugier wurde mit enormer Gegenneugier der Kinder begruesst. Die Muetter haben dem aber sofort Einhalt geboten. Mir war es sowieso auch unangenehm und ich strollte weiter. Das Dorf ist ueber und ueber gefuellt mit den beruehmten Plastikbehaeltern. Bevor diese den Afrikanischen Kontinenten erreicht haben, waren die Frauen gezeungen, mit schweren Steinkruegen Wasser zu schleppen. Wie dann aber diese tollen, gelben, allgegenwaertigen Plasikeimer eingefuehrt wurden, konnten aufgrund der Leichtigkeit auch Kinder diese muehselige Arbeit erledigen und des Mutter’s Herz hat sich mit Freude erfuellt; eine Last weniger.
Nungwi und die Plastikbehaelter
In den Tagen habe ich einige interessante Koepfe kennengelernt, die mir letzlich auch Zugang zur neunen Schule hier eroeffnet haben. Ja, hier bin ich nun seit Montag jeden morgen beschaeftigt, unterrichte die Kleinsten und helfe der Organisation mit den Vertraegen. Wer haette schon gedacht, dass ich mal noch das Tanzanische Recht studieren muesste. Und nein, das faellt einem bei diesen Temperaturen nicht leicht. Aber dazu ein anderes Mal.
Umoja Training Centre, Nungwi (www.umoja-network.com)
Bevor der “gewoehnliche” Alltag begann und ich auch eine gute Tauchschule fuer meinen Open Water Kurs gefunden hab (morgen erster Tauchgang!), goennte ich mir ein entspanntes Wochenende in Matemwe. Ich habe ja meine Nachbarin und deren Freundin auf der Faehre angetroffen und die ging ich besuchen.
Matemwe Beach am Morgen
Wir haben bei einer herzlichen Familie aus Kenya gewohnt, welche nach ihrer Pension den Wohnsitz auf die Insel verlegt haben. Es war auch zugleich ihre Tochter zu Besuch, welche gewoehnlich als Kuenstlerin in London taetig ist und unter anderem sehr faszinierende Bilder malt (www.phoebeboswell.com). Die Familie ist auch in der Dorfgemeinde engagiert. So geht Joyce, Mutter des Hauses, gerne ihrer frueheren Taetigkeit nach und unterstuetzt die jungen Dorfbewohner im Erlernen von Englisch. Da kamen auch wir mal dran und mussten dieselbe Uebung auf Kiswahili machen, das ging so ziemlich in die Hose, aber wir hatten alle etwas zum Lachen.

Phoebee und die Jungs lachen ueber das Video von uns und unseren hilflosen Versuchen in Kiswahili.
Tim, der Vater, ist weiss, jedoch gebuertiger Kenyaner. Vierte Generation der Britischen Kolonialisierung. Es war spannend, sich mit ihm bei Chapati und Fisch ueber Die beiden Laender und deren Geschichte zu unterhalten. Und es war vor allen Dingen toll, das erste Mal seit Wochen ein richtig gutes Glas Wein zu trinken, das ist hier relativ teuer und wird hier kaum getrunken. Das Haus war riesig und ich hatte meinen Schlafplatz im Offenen, direkt neben dem Meer und durfte zum Rauschen der Wellen einschlafen. Ein Klischee, wie die Umgebung auch. Aber einfach wunderbar.Wer sich hier her verirren sollte, googelt doch mal "Utapoa" in Matemwe, dann habt ihr eine garantiert tolle Unterkunft gefunden.
Matemwe Beach am Abend
Matemwe liegt an der Ostkuest und ist daher stark von den Gezeiten gepraegt. Tagsueber ist das Wasser so weit draussen,dass man eigentlich nicht Baden kann. Morgens aber, wenn auch die Fischer zu den Haeusern kommen, um ihren frischen Fisch zu verkaufen, da ist das Meer fabelhaft und die Zugucken des Fischgeschaeftes ist ein froehliches Rambazamba.
Gastgeberin Joyce kauft frischen Fisch.
Am Strand wird er dann ausgenommen, die Eingeweide bleiben auf dem weissen Sand liegen.
Matemwe ist bis anhin  mein einziger Ausflug, aber am kommenden Wochenende gehe ich erstmals nach Stonetown und freue mich darauf, die bisher gemachten Bekanntschaftn zu besuchen und in Arabische Architektur und Geschichte einzutauchen. Hier in Nungwi ist der Islam wohl vorherrschend, aber die historischen Praegungen sind in dem Fischerdorf weniger zu spueren. 

Maedchen auf dem Heimweg von der Schule.

Aber die belanglosen Gespraeche auf dem Weg, zwischen Tuer und Angel, am Boden oder am Strand, das sind die eigentlich spannenden Dinge die mir hier wiederfahren. Da ich mittlerweile immerhin die einfachsten Saetze auf Kiswahili bilden kann und ich hin und wieder in den Unterricht von der Kollegin reinsitze, bin ich doch faehig, mich in einen kleinen Dialog zu verwickeln. Der endet dann auch meist mit herzhaftem Lachen auf beiden Seiten, da es dann vielleicht doch nicht so gut klappt.
Zuhause bin ich ganz gluecklich. Bin aber bis heute noch nicht dazu gekommen, die Umgebung und vor allen Dingen Ahmed, Sale und Nasir, die Bewohner des Hauses, in dem ich ein Zimmer habe, festzuhalten. Ich werde aber stets mit dem feinsten Fisch und Reis mit Zimt verwoehnt und bin richtig verknallt in unsere Helga, dem Hundebaby, das wir seit Montag bei uns haben.

Mein Heimweg ist manchmal etwas versperrt...
Uebrigens, die Tollwutimpfung war eine gute Sache, hier laufen hin und wieder tollwuetige Hunde herum, ich bin aber gluecklicherweise bis anhin verschont geblieben.