Dennoch, Tanzania hat nach der
Unabhaengigkeit am 9. Dezember 1961 eine andere Richtung als sein noerdlicher
Nachbar eingeschlagen. Kenya wird von Stammespolitik beherrscht und hat daher
stets mit Unruhen aufgrund der Stammesrivalitaeten zu kaempfen, womit tiefere
Werte wie Gut gegen Boese, Wahrheit gegen Luege, Demokratie gegen Diktatur
verwischt wurden. Mit der Unabhaengigkeit von der britischen Krone (nicht wie
manchmal angenommen von Deutschland, welches das Land lediglich fuer kurze Zeit
in Kolonie hielt) erhielt Tanzania mit Julius Nyerere einen vom Sozialismus
ueberzeugten ersten Praesidenten. Nyerere hat in seiner gut 30 jaehrigen
Amtszeit versucht, das Land in den sozialen Zustand nach Vorbild von hiesigen
Dorfgemeinschaften als Produktions- und Verteilungskollektiv (sog. Ujamaa) ueberzufuehren
und rief die bereits etablierte Swahilisprache zur allgemeinen Nationalsprache
aus. Entsprechend sprechen wenige Menschen Englisch und ich als Tourist bin
gezwungen, wenigestens ein paar Brocken Swahili zu lernen (wobei ich das ja
sowieso wollte).
Nyerere’s Vorstellungen eines Sozialstaates
liessen sich in der Realitaet jedoch nicht umsetzen, was ihn 1985 zum
Ruecktritt bewog. Dennoch, das Gefuel der Zusammengehoerigkeit ist hier spuerbarer
als in Kenya. In Tanzania sind nicht die Stammeszugehoerigkeiten, sondern in
erster Linie die Angehoerigkeit zum Staat massgebend. Die Nationalsprache beguenstigt
dieses kollektive Zusammenleben.
Waehrend der sehr langen (und heissen)
Busfahrt von Arusha nach Dar es Salaam habe ich verschiedene Gespraeche mit den
Mitfahrern gefuert. Die Leute sind friedlich, sie kuemmern sich weniger um
politische Angelegenheiten (was natuerlich damit im Zusammenhang stehen kann,
dass in naeherer Zukunft keine Wahlen anstehen). Die Bevoelkerung scheint im
Allgemeinen gefestigter, zufriedener, das Land stabiler als der Nachbarstaat zu
sein.
Natuerlich herrschen hier dieselben
Zustaende wie in Kenya (und wie mir gesagt wird Uganda, also Ostafrika), schlechte
Infrastruktur, Armut, Chaos und massiver Verkehr in den Staedten, aber was kann
ich sagen, das ist Afrika wie es mir bisher begegnet ist.
Unfall auf den Tanzanischen Strassen...
Dar es Salaam hat mich entsprechend
begruesst, wobei zum langen Stehen in den Blechlawinen noch unschlagbare,
tropische Hitze kombiniert mit 100% Luftfeuchtigkeit hinzukamen. Wie ich so vor
mich hintriefte, wurde ich zum Gasthaus noerdlich von Dar gefahren, wo ich auf
eine sehr nette schwedische Familie stiess. Anna ist hier in einem Weisenhaus
taetig und hat ihren fuenfjaehrigen Sohn mitgebracht. Wir unterhielten uns
lange und am kommenden Tag hat sie mich zu den Kindern mitgenommen. Gluecklicherweise
hatte ich noch Wasserballone im Gepaeck, hatte allerdings nicht damit
gerechnet, dass hier das Wasser nicht mit genuegend Druck aus dem Hahn kommt. Die
Ballone wurden also vorerst mit Luft gefuellt. Aber “Not” macht erfinderisch
und irgendwann haben wir’s doch geschafft. Es war einer der schoensten
Nachmittage hier in Tanzaniaa, die Wasserballone waren wirklich der Knaller.
Die Feuchtigkeit und Moskitos haben mich
aber schnell auf die Insel zu Wind und Wasser getrieben. Darueberhinaus wurde
mir von den Volunteers von einem
Engagement fuer die Organisation abgeraten. Die Organisation (help2kids.com,
Schweizer Organisation) waere desorganisiert und man haette eigentlich nichts
zu tun. Ich hoere das uebrigens an vielen Orten.
So packte ich meine sieben Sachen, rief
meinen Kontakt Ahmed auf Zanzibar an und setzte gestern ueber. Auf der Faehre
habe ich per Zufall meine Nachbarin getroffen, die Welt ist einfach so klein! Der
Muslimische Einfluss war bereits in Dar an der Kleidung der Menschen
ersichtlich, wurde aber auf der Faehre und erst richtig auf Zanzibar deutlich
verstaerkt. Die Menschen sind gemischt hier, nicht nur Schwarz, oder wenn Schwarz,
mit Kopftuch oder dem kleinen Huetchen. Es war sehr spannend, die Interaktion
unter den Leuten verschiedener Religionszugehoerigkeit zu beobachten. Der
Umgang war freundlich und friedlich, das Zusammenleben verschiedenen Religionen
scheint hier eine Normalitaet.
Kilimanjaro Faehre nach Zanzibar, Hafen von Stonetwon in Sicht.
Auf dem Weg von Stonetown nach Nungwi, wo
ich wohne, hat mir Ahmed die Insel erklaert, Fruechte aller Art zum Kosten
gegeben, verborgene Schluchten mit blauem kalten Meereswasser gezeigt und mich
schliesslich in sein wunderschoenes Haus (inoffizielles Guesthaus, super Tipp!)
gebracht. Es ist wirklich paradiesisch hier.
Heimat der Green Turtles, Baraka, Nungwi.
Zanzibar hat sich erst 1963 mit dem
damaligen Tanganjika zum heutigen Tanzania zusammengetan. Vor der Zeit des
britischen Protektorats und spaeterer Kolonialisierung durch England war
Zanzibar ein Sultanat, wurde aber als Kolonie von der Said-Dynastie als de facto Sultanat weitergefuehrt.
Damals war Zanzibar der Dreh- und Angelpunkt fuer den bluehenden Sklavenhandel,
welcher die Araber reich und unnahbar machten. Mit der Unabhaengigkeit hat die lokale
Bevoelkerung daher nicht wirklich ihre Freiheit gewonnen, sonder unterlag nach
wie vor der Herrschaft der Arabischen Oberschicht. Dies fuehrte am 12. Januar
1964 zur blutigen Revolution der Schwarzafrikaner, womit die Inseln (nebst
Unguja [Hauptinsel] auch Pemba und Tumbatu) endgueltig ihre Unabhaengigkeit eroberten.
Heute ist Zanzibar teilautonom und hat eine eigene Regierung und Justiz.
Das Zusammenleben von Christen und Muslimen
ist aber nicht immer friedlich. Vor zwei Monaten wurde der Muslimische Fuehrer
von der Regierung wegen Verdachts auf Kollaboration mit den Fundamentalisten im
Norden Afrikas festgenommen, was zu gewalttaetigen Aufstaenden in Stonetown gefuehrt
hat. Erst nach dessen Freilassung nach drei Tagen kehrte wieder Ruhe ein.
Ich lasse mich nun fuer einige Wochen auf
das Inselleben ein. Erste Kontakte haben ergeben, dass ich moeglicherweise fuer
ein lokales Bildungszentrumr taetig sein und nebenher das Tauchen erlernen
kann. Ich koennte mir keinen besseren Anfang fuer das neue Jahr vorstellen.
Euch allen, ob in der Schweiz, in Uebersee,
Asien oder am roten Meer, wuensche ich einen guten Rutsch und das Allerbeste
fuer’s 2013! Und nicht vergessen: Hakuna Matata!