Die rund sieben stuendige Fahrt in die Zivilisation war gleichzeitig eine Zeitreise vom Leben in der freien Wildbahn und den alten Traditionen in die scheinbare Moderne des Ballungszentrums Nairobi. Armut, welche ich in der Savanne als solche empfunden habe, erscheint nach dem trostlosen Anblick des Stadtgroessten Slums vielmehr als unschaetzbaren Reichtum. Selbst meine Erlebnisse und Erfahrungen in Asien und Suedamerika haben mich nicht auf dieses erste Empfinden in meinem neuen, temporaeren Zuhause vorbereiten koennen. Wie bin ich hier gelandet?
Ueber airbnb.com habe ich mir bewusst ein Zuhause in der Naehe von Kibera ausgesucht. Gemaess Karte und Adresse auf der Website war das Haus ein gutes Stueck vom Slum entfernt. Der Wagen fuhr jedoch immer tiefer und tiefer in die eigene Welt dieses Zusammenlebens von allerlei Menschen und Tieren hinein und setzte mich schliesslich neben einer Pfuetze vor einem Tor mit der Aufschrift “MSF Olympic Centre – respond to rape” (in roter Schrift) ab. Endstation, welcome to Kibera.
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Olympic, Kibera/Nairobi |
Aber wie so oft ist der erste Eindruck taeuschend. Die eigentliche Schoenheit und vor allen Dingen die Sicherheit des hiesigen Lebens wird erst nach dem verspaeteten, aber herzlichen Willkommen von Edmund und Margret und einem kleinen Rundgang durch das Quartier sichtbar. Unser Zuhause ist einfach, aber es fehlt uns an nichts.
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Unser Vorgarten. |
Edmund ist ein Englaender, welcher sich der Unterstuezung von Fluechtlingskindern aus dem Kongo verschrieben hat (www.xavierproject.co.uk). Margret ist seine Freundin, welche einem Nomadenstamm im Westen von Kenya beim Victoriasee ihre Herkunft nennt. Edwin, ein in Kibera aufgewachsender Schwarzer, ist mein Mitbewohner und ist fuer das Projekt www.kiberachildren.org engagiert. Edmund lebt ein paar Haeuser weiter.
Sie erklaeren mir, dass der Bezirk Olympic in Nairobi urspruenglich von Freiwilligenarbeitern und Organisationen wie Medecins sans Frontiers besetzt war. Heute ist es von Kibera Bewohnern und Hilfsarbeitern durchmischt bewohnt, wobei mir in diesen zwei Tagen noch kein weisses Gesicht begegnet ist.
Ich wurde die ersten 500 Meter in den Slum hineingefuehrt und von einer ueberraschend wohlwollenden Atmosphaere heimgesucht. Die Stimmung war froehlich und ausgelassen, ich verspuerte keinerlei Angst oder Unbehagen. Der Vorteil des Lebens in dieser Gegend ist die konstante Ansammlung von Menschen und die daraus resultierende soziale Kontrolle. Kriminalitaet ist zumindest in den Randregionen von Kibera kein Thema.
Mein heutiger Stroll mit Maureen, Freundin der Eds, 26 Jahre alt, (wieder) in der Primarschule und Mutter zweier Kinder im Alter von drei und sieben Jahren, um Lebensmittel zu kaufen, hat mich aber so heimisch und zuhause fuehlen lassen. Da spuert man, dass die vermeindlich schlimmsten Orte die eigentlich waermsten und herzlichsten sind. Ich freue mich, auf die kommenden Tage hier.
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